Dezembermagie – zwischen Konsumwahn und Besinnlichkeit

Hinter geschlossenem Fenster, dicht an der wärmenden Heizung, freier Blick in die Natur – ein Brunch kann im Dezember zu einem wunderschönen Erlebnis werden. Ganz besonders dann, wenn wir uns für das gesellige späte Frühstück viel Zeit nehmen und die Natur uns dann schon am Nachmittag mit einem farbrauschenden Sonnenuntergang beschenkt.

Was wir jedoch bewusst wahrnehmen ist, dass die Tage kurz sind und uns gleichzeitig so ewig lang vorkommen. Wir stehen im Dunklen auf, gehen unserer täglichen Routine nach und sind am Nachmittag schon so müde, wie sonst erst gegen Mitternacht.

Zum Jahresende sind wir alle weniger motiviert, möchten uns zurückziehen und träumen uns bereits jetzt in den nächsten Frühling. Doch vordergründig stellt uns der Dezember vor einige Herausforderungen.

Weihnachten steht vor der Tür. Überall erinnern uns die Lichterketten, Werbetafeln, Radiospots daran, dass es gilt, große Erwartungen zu erfüllen. Wir wünschen uns gegenseitig eine besinnliche Zeit, doch gestatten wir uns selbst diese Besinnlichkeit?

Besinnlichkeit? Achten wir bewusst auf das, was wir fühlen, hören, sehen, riechen, schmecken? Oder „betäuben wir unsere Sinne“, indem wir uns von Glühweinstand zu Glühweinstand bewegen? Ich gebe zu, ich freu mich an einem kalten Novembertag schon auf den ersten Glühwein. Ich sehe mich auf einem Weihnachtsmarkt, den Mantel voller Puderzucker vom Schmalzgebäck, während meine kalten Hände dankbar den heißen Becher umschließen. Mit dem 1. Advent ist sie tatsächlich da, die Zeit der bunt-zuckrigen Weihnachtsmärkte, der lieblich lockenden Glühweinstände und der ersehnten Besinnlichkeit.

Unsere Gedanken kreisen nun um all die Geschäfte, die wir noch besuchen müssen, um dem Konsumwahn gerecht zu werden. Der Verstand beißt sich fest an der Angst vor überfüllten Parkhäusern, an der Ungewissheit, das Gewollte nicht mehr zu bekommen. Die Industrie setzt alles daran, dass wir das auch ja nicht vergessen. Da werden bei unseren Kindern seit Wochen schwachsinnige Begehrlichkeiten geweckt, die Supermärkte locken mit billigen Mastgänsen und überall werden Tannenbäume verkauft, die letztendlich nur für den Müll produziert wurden. Es lebe die Wegwerfgesellschaft – nur noch wenige Tage und wir können außerdem unter lautem Knallen und hoher Feinstaubbelastung das vergangene Jahr wegwerfen.

Erinnerst Du Dich noch, wie es war, im Dezember winterliche Spaziergänge zu unternehmen? Mit roten Wangen und kalten Finger zuhause einen wärmenden Kakao zu trinken? Wie schön war es, dann zusammen zu sitzen und gemeinsam zu spielen. Wie sehr habe ich es geliebt, den Großeltern zu lauschen, wenn sie mir Märchen vorlasen, während die Katze zusammengerollt an einem warmen Plätzchen schlief. Diesen Zauber holen wir uns nur zu gern alljährlich zurück, indem wir uns anheimelnde Weihnachtsfilme anschauen, die unser Herz berühren.

Und doch – in dieser hektischen Vorweihnachtszeit „besinnt“ sich manch einer und lässt die alten Bräuche wieder in sein Heim und Herz: die ursprüngliche Magie der Sperr- und Rauhnächte.

Die Sperrnächte beginnen 13 Tage vor der Wintersonnenwende. Ganz früher, als die Dunkelheit für die Menschen noch bedrohlich war und die wilde Percht bevorstand, wurden nun sämtliche Gerätschaften und Werkzeuge „weggesperrt“. Die Arbeit wurde niedergelegt und kein Rad durfte sich mehr drehen.

Die Wintersonnenwende beginnt in diesem Jahr am 22. Dezember, die erste Sperrnacht ist demzufolge vom 09. auf den 10. Dezember. Jede Nacht steht, beginnend mit dem Januar, für einen Monat des nun auslaufenden Jahres. Du kannst diese Zeit nutzen, um Dich Abend für Abend von den vergangenen Monaten zu verabschieden. Was hat Dich besonders bewegt, was möchtest Du gerne loslassen und auf gar keinen Fall in das kommende Jahr mitnehmen – was möchtest Du „wegsperren“? Achte auch auf Deine Träume, sie können Dich hierbei unterstützen und an Unerledigtes erinnern. Wenn Du Lust hast, verbinde Deine Selbst-Reflektion mit einem kleinen Ritual.

Sei magisch in den Raunächten!
Nach vier Tagen der Ruhe folgen die sogenannten Raunächte. Auch hier sind es 13 Nächte, die Du für Dich nutzen kannst. Das Datum, wann es genau losgeht, ist in den verschiedenen Quellen nicht einheitlich, so dass auch ich mich nicht mit Gewissheit festlegen möchte.

Mit den Raunächten geht die wilde Jagd (Percht) einher, die Tore zur Anderswelt sind geöffnet und es ist eine grandiose Zeit, sich über die nächsten 12 Monate Gedanken zu machen, zu Räuchern und zu Orakeln. Auch hier steht jede einzelne Nacht für einen Monat, beginnend mit dem Januar.

Ich selbst schreibe schon einige Tage vor den Raunächten meine Wünsche für das kommende Jahr auf 12 kleine Zettelchen. Jeden Abend verbrenne ich einen dieser kleinen Zettel, ohne vorher nachzuschauen, was darauf steht. Ich bedanke mich bei dem großen Geist und den Engeln für ihre Unterstützung. Den ersten Wunsch schicke ich schon am 25. Dezember auf die Reise ins Universum. Achte auch hier besonders auf Deine Träume, denn diese können Dir wertvolle Informationen zu Deiner Zukunft im neuen Jahr geben.

Du kannst auch Deine Kinder oder Enkelkinder aktiv in diese Zeit einbeziehen:

Magie der Dunkelheit Wie wäre es, wenn ihr einen kleinen Spaziergang macht – Hand in Hand irgendwohin, wo es wirklich dunkel ist. Frag Dein Kind, was es wahrnimmt, hört, riecht und fühlt. Und wenn es doch zu gruselig wird, dann zauberst Du eine Taschenlampe hervor.

Magie der Stille Setzt Euch ins Wohnzimmer, macht eine Kerze an und seid ganz still. Wie ist es, wenn kein Radio läuft, kein Fernseher flimmert, niemand spricht. Hört ihr etwas, das ihr im Alltag eher überhört? Wie klingt der eigene Atem, dringen von draußen Geräusche herein? Ein paar Minuten reichen dazu vollkommen aus.

Magie der Wünsche „Was wünscht sich Dein Herz?“ – Hast Du diese Frage jemals einem Kind gestellt? Du wirst überrascht sein, welche Antworten Du bekommst, wenn der Konsumwahn für einen Moment nicht das Sagen hat. Wenn Du die Möglichkeit hast, dann schreibt diese Herzenswünsche auf und übergebt sie in einem kleinen Wunschritual dem Feuer.

Magie des Rückzuges Manchmal brauchen wir es einfach, uns zurückzuziehen, von den verschiedensten Einflüssen abzuschotten, um zur Ruhe zu finden oder geistig kreativ zu werden. Auch Kinder brauchen und lieben den Rückzug. Stell Dir vor, Ihr baut Euch zusammen eine kleine gemütliche Höhle, genießt dort einen leckeren warmen Kakao und erzählt Euch Geschichten. Euch fallen bestimmt viele Dinge ein, die Euch im vergangenen bewegt haben. So könnt Ihr gemeinsam das Jahr abschließen und Euch in allen Farben und Stimmungen ausmalen, wie das kommende Jahr sein darf – lasst die Kinder träumen!

Das Fest der Liebe
Mir fällt es von Jahr zu leichter, mich der Dezember- und Weihnachtshektik zu entziehen. Einzig die Überlegung, was koch ich meinen Lieben, kann mich ein wenig aus dem Gleichgewicht bringen. In solchen Momenten wird mir aber auch bewusst, wie liebevoll ich an meine Familie denke und wie sehr ich andere Menschen in mein Herz geschlossen habe. Dafür bin ich dankbar. Das perfekte Geschenk für mich zu Weihnachten? In Liebe mit meiner Familie zusammen zu sein!

Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du während dieser Tage und speziell am Heiligen Abend der Hetze entfliehen kannst und entspannte Tage im Kreise Deiner Lieben genießt. Vielleicht fühlst Du Dich inspiriert und siehst nun mit etwas Achtsamkeit in jedem Moment die Magie des Dezembers, die Magie Deines Lebens und die Liebe in allem, was ist.

Mitakuje Oyasin, von Herzen alles Gute für Dich!

Ostara

(Fotos: Quelle Pixabay)

 

 

 

 

Der Blick in den Persönlichkeits-Spiegel

 

Stell Dir vor, Du stehst morgens auf, wandelst schlaftrunken oder auch richtig munter ins Badezimmer und stellst Dich dem Morgengrauen: Deinem Blick in den Badezimmerspiegel. Du stellst vielleicht fest, es gefällt Dir nicht so richtig, was Du da siehst. Und nun gehst du her, greifst nach Deinem Make-up oder das Deiner Frau, nimmst Puder, Rouge und Lippenstift und schminkst Dein Spiegelbild. Jetzt hast Du das Erscheinungsbild im Spiegel mit etwas künstlerischem Geschick vielleicht sogar verbessert, aber Du selbst siehst immer noch genau so aus, wie ein paar Minuten zuvor.

Wie innen so außen, heißt es. Die Außenwelt sei ein Spiegel der Innenwelt, heißt es. Doch was genau verbirgt sich dahinter? Ist es damit getan, einfach zu sagen, die Welt sei ein Spiegel?. Die Betonung liegt hier auf „ein“. Die Welt spiegelt diverse Facetten Deines Seins, Deiner Selbsteinschätzung, Deiner Weltanschauung. Du kannst mit diesen Spiegeln arbeiten, indem Du sie Dir bewusst machst und reflektierst. Du kannst es selbstverständlich auch lassen, denn dem Spiegel ist es egal. Wozu also mit dem Spiegel arbeiten? Du gibst Dir selbst die Chance, Verantwortung für Dich und Dein Sein zu übernehmen. Oder hast Du Dich bereits mit der Opferrolle abgefunden? Ein Opfer zu sein hat den Vorteil, dass Du nichts verändern musst, es sind und bleiben alle anderen schuldig, was auch immer in Deinem Leben passiert. Ich frage mich, macht Dich das wirklich glücklich? Oder hältst Du Dich selbst damit klein und schwach?

Wonach lebe ich, welche Regeln haben sich innerlich bei mir manifestiert? Wie behandeln mich andere, mein Partner, meine Freunde, meine Kollegen, mein Chef? Oder: wie lasse ich mich von anderen behandeln? Nehmen sie mich genauso an, wie ich nun mal bin, oder wird gemäkelt, kritisiert… Warum lass ich mir das als Erwachsener manchmal oder sogar ständig gefallen?

Das Leben hält mir diesen Spiegel immer wieder und wieder vor die Nase. Nur, wenn ich mir selbst immer wieder vor Augen halte, ich sei schwach, nicht genug, kann dieses und jenes nicht, solange wird mir das von den anderen in meinem Umfeld auch gespiegelt. Die Themen, die mich besonders stark triggern, gilt es unter die Lupe zu nehmen.

Es gibt da u. a.  den „das-gefällt-mir-Spiegel“, den „das-gefällt-mir-nicht-Spiegel“, den „davon-bin-ich-überzeugt-Spiegel“ und den „ich-kann-mich-nicht-leiden-Spiegel“.

Neulich war ich mit meinen besten Freundinnen verabredet. Ich rauschte grad noch so auf den letzten Drücker in der vereinbarten Tapas-Bar ein und war glücklich, dass ich für den Fahrweg dorthin 30 Minuten mehr eingeplant hatte. Ich bewunderte meine Freundin für ihre Pünktlichkeit – eine Tugend, die ich auch an mir sehr schätze (der „das-gefällt-mir-Spiegel“) – während wir unter ständiger Uhrzeit- und Nachrichtenkontrolle auf unseren Handys auf unsere dritte Freundin warteten.

Wir scharrten beide schon mit den Hufen und rutschten ungeduldig auf den Stühlen hin und her. Hier hatte ich den nächsten Spiegel, als mir dies an meiner Freundin so negativ auffiel. Ich fühle mich irgendwie immer schlecht, wenn ich mit angespannten Erwartungen anderer konfrontiert werden. In der Reflektion bedeutet das für mich, dass mich meine eigene Ungeduld immer wieder nervt, wenn es einfach nicht voran geht. Je öfter mir dies auffällt, desto mehr kann ich daran arbeiten und meine exorbitanten Erwartungen etwas herunterschrauben. Die dritte im Bunde war dann auch bald da und wir hatten einen lustigen und anregenden Nachmittag.

Am darauffolgenden Tag sitze ich im Wartezimmer meines Hausarztes. Wie immer ist es proppenvoll und ich weiß, dass es trotz Termin eine Stunde und mehr dauern kann, bis ich ins Sprechzimmer gerufen werde. Ich nehme das gelassen hin. Aber was ist mit dem Mann mittleren Alters, der mir gegenüber sitzt, unablässig mit dem Knie wackelt und vor und zurück schaukelt?

Ich gebe zu, ich fühl mich leicht bis mittelmäßig genervt. Für einen kleinen Moment spüre ich einen starken Impuls aggressiv zu werden – wie gesagt, das ist nur ein kleiner Moment, dann bedaure ich ihn und meine Gelassenheit hat wieder die Oberhand. Spiegelt dieser Mensch mich auch? Oder bin ich hier vielleicht für ihn ein Spiegel. Ich bewundere meine eigene  Ruhe und Gelassenheit und möchte gerne etwas davon abgeben. Nimmt er das wahr? ich bin mir nicht sicher – doch das Zappeln und Schaukeln hört nach wenigen Minuten auf und Entspannung macht sich breit im Wartezimmer.

Auch Tiere sind eine großartige Projektionsfläche. Kürzlich habe ich festgestellt, dass meine sonst so ruhige und bequeme alte Perserkatze drei Tage und Nächte extrem aufgekratzt war. So huschte das rote Fellbündel immer wieder hin und her, Treppe rauf, Treppe runter, quer durch die Küche, manchmal wie von der Tarantel gestochen, maunzte lautstark und hatte leichte aggressive Anwandlungen.

Letzteres ist mir besonders beim Spielen mit ihr aufgefallen. Ich konnte es in ihren Augen und an ihren heftigen Schlägen erkennen, dass sie ihr Spielzeug am liebsten getötet hätte. Ich fragte mich als liebende Katzenmama natürlich, was genau mit ihr los sei. Und dann, ja dann fiel mir auf, dass ich in den letzten Tagen innerlich sehr unruhig war, zahlreiche Fragen in meinem Kopf immer wieder aufgeworfen, gedreht und gewendet habe.

Ich fühlte mich unsicher, rastlos und war wütend auf mich. Als ich das erkannte, habe ich mich mit Stift und Papier an meinen Schreibtisch gesetzt und Ordnung geschaffen – auf dem Schreibtisch und in meinem Kopf. Danach war ich klarer, entspannter und fröhlich. Meine Mieze dankte es mir mit Ausgeglichenheit und lautem Schnurren.

Richtig ins Eingemachte geht es, wenn etwas oder jemand heftige Wut oder große Angst in uns ausgelöst. Hier sind wir oft dermaßen gelähmt, dass wir gar nicht erst auf die Idee kommen, mal genau in uns zu schauen. Wir fokussieren uns in unserem Gedankenkarussell auf das Schlechte, kauen die vermeintliche Bedrohung gedanklich und verbal immer wieder und immer wieder durch. Wir malen uns Ereignisse, die gar nicht eingetreten sind, in allen Facetten aus, fühlen uns intensiv hinein und geben ihnen damit die Energie, um in unserem Leben auch tatsächlich in Erscheinung zu treten!

Hier haben wir ganz deutlich dieses „wie innen so außen“. Und hier leiden wir oftmals ohnmächtig in unseren Partnerschaften und auch „Nicht-Partnerschaften“. Wie viele von uns tragen ein altes schweres Paket mit sich herum und vertrauen ihrer Beziehung, dem Partner, sich selbst so wenig, dass ein Ende vorprogrammiert ist. Manch einer kommt gar nicht soweit und findet keinen Partner, da er sich durch seine konditionierten Glaubensmuster selbst blockiert. Da kannst Du noch so oft sagen, Du seist bereit für die Liebe, das Leben wirft Dir immer wieder jemanden vor, der Dir diese Blockaden, Deine „Nicht-Bereitschaft“ spiegelt und Deine Glaubensmuster bestätigt.

Und ich frage noch einmal: Gibst Du Dich mit der Opferrolle zufrieden und glaubst weiterhin, all die anderen tragen die Schuld für Deine Lebensumstände? Oder bist du bereit, Dich mit Deinem inneren Pferdefuß auseinander zu setzen und die Verantwortung für Dich zu übernehmen?

Alles klar soweit? Wenn nicht schau doch mal auf die „10 Gebote in Deiner Rolle als Mensch“ (Dr. rer. nat. psych. Ralf-Henning Lampe).

Der nächste Morgen, gerade ausgeschlafen, vielleicht auch abgebrochen, bin ich irgendwie im Bad gelandet, stehe vor dem Spiegel und entscheide mich, die Aufhübsch-Utensilien lieber an mir selbst anzuwenden. Einigermaßen zufrieden mit dem, was ich sehe, küsse ich mir links und rechts auf die Schultern und werfe mir eine Kusshand zu. Mal schauen, wer mich heute triggern wird.

Fortsetzung folgt.

Mitakuye Oyasin und alles Liebe für Dich, lieber Leser!

Ostara

 

Wer bin ich eigentlich? Antworten einer alten Eiche…

Du kennst das sicher, Du funktionierst Dein ganzes Leben, tust die Dinge, die Du tun musst. Und dann schleicht sich so allmählich dieses Gefühl ein, dass (Dir) etwas fehlt. Du gehst auf Partys, Konzerte, triffst Dich zum Essen und bist fröhlich unterwegs. Ständig musst Du etwas tun, um einen Moment des Glücklichseins zu erhaschen. Und kaum hast Du ihn, ist er dann auch irgendwann wieder weg. Noch während Du glücklich und ausgelassen bist, fragst Du Dich schon, wann es Dich verlässt. Du lässt das nagende Gefühl der Verlustangst zu und verlierst in dem Moment schon den Augenblick, den Du gerade noch so genossen hast. Wo ist das Jetzt, gerade war es doch noch da? Die noch nicht eingetretene Zukunft wabert durch Deinen Verstand und versorgt Dich ungefragt mit Unbehagen. Das führte mich zu der Frage, was brauche ich zum Glücklichsein? Und ich möchte wissen, wer ich denn wirklich bin, woher ich komme und wohin ich gehe.

Eben mit diesen Fragen im Hinterkopf hatte ich mich vor einiger Zeit unter meine Lieblingseiche gesetzt. Eine sehr mächtige Eiche, die ich gerne aufsuche, um alleine zu sein, nachzudenken und Trost zu finden. Da saß ich also, mit meinem Gesäß auf der Erde, den Rücken an den Stamm gelehnt und lies mir die Frühlingssonne ins Gesicht scheinen. Ein kleiner Zaunkönig bettelte mit zartem Piepsen um meine Aufmerksamkeit und hüpfte fröhlich auf einem morschen Stück Totholz herum.

Ich dachte noch kurz, was mach ich hier eigentlich, holte tief Luft und fragte den Baum: Wer bin ich? – und schwupps hatte ich die Antwort in meinem Kopf: „Ostara Jasmin, wer sonst?“ Klar, wer sonst…
Gut, nächste Frage: Wo komm ich her? Ich schmunzelte über die Antwort: „aus der Erde“. Die Eiche hat wirklich Humor, bin ich eine Pflanze?
Wohin gehe ich? Nun reichte mein Schmunzeln nicht mehr aus und ich lachte herzhaft, denn die Worte „ins Licht“ klangen in meinem Kopf. Was kann ich schon von einem Baum erwarten? Aus der Erde… ins Licht… ist ja logisch. Frag eine Pflanze und sie wird natürlich aus ihrer Sicht kontern. Auf meinen nächsten Gedanken, was ich als nächstes zu tun habe, entgegnete mir die Eiche „verzeihe“. Ups, das passt jetzt nicht in die Schublade, mit der ich gerade die anderen Antworten abgetan habe. Ich bedankte mich bei der alten Eiche, bevor ich mich gedankenverloren auf den Heimweg machte.

Noch heute grüble ich über die Antworten, die ich an diesem besagten sonnigen Frühlingstag erhalten habe. Erwidern wir nicht meist auf Gedanken, Probleme, Fragen anderer mit unserer eigenen Sichtweise? Wie wäre es, wenn wir versuchten, uns in den anderen hineinzuversetzen? Wie viel mehr Verständnis gäbe es auf der Welt? Und um wie viel leichter fiele es uns, zu verzeihen?

Ich hab es getan, mich den Schatten meiner Vergangenheit gestellt. Einer Vergangenheit, die mein Leben bis dahin bestimmt hat und mich nicht immer glücklich gemacht hat. Halt – das ist eine starke Untertreibung! Ich war unglücklich, depressiv und lebensmüde.
Es fiel mir auch sehr schwer, es ging nicht von heute auf morgen, aber eines Tages war es da – ich habe vergeben. Ich habe all den Menschen vergeben, denen ich mein ganzes Leben schonungslos grollte. Und zu diesen Menschen gehörte ich selbst.
Mit dem ehrlichen Verzeihen aus vollem Herzen ist es gelungen, mir selbst ein Stück näher zu kommen. Ich bin Mutter Erde näher denn je und das Licht ist meiner wertvoller Begleiter, insofern hat die Eiche doch sehr weise gesprochen. Das schönste jedoch ist,  je mehr ich mit mir kongruent bin, desto glücklicher bin ich.

Den ursprünglichen Fragen gehe ich immer noch nach, nun leichteren Herzens. Ich habe mir einiges vorgenommen, um mir selbst weiter auf den Grund zu gehen und mein Leben mit mir und meinen inneren Werten in Einklang zu bringen.

Ich danke dem besten Wegweiser, Dr. Ralf-Henning Lampe, und der wunderbaren alten Eiche! Mein größter Dank gilt natürlich mir, denn ich bin diesen Weg gegangen. 

Foto: Quelle Pixabay

Eiche